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Mittwoch, 14. September 2016

Counterpunch: IS Kämper verrät den Plan seiner Organisation für den Fall einer Niederlage in Syrien, Teil 1



Von Patrick Cockburn, 12. September 2016

Der IS wird florieren und überleben, selbst wenn er den momentanen Kampf um Syrien und den Irak verliert, sagte ein IS Militanter gegenüber dem Independent.
In einem Exklusivinterview sagt Faraj, ein 30 Jahre alter Veteran aus Nordostsyrien, dass "wenn wir sagen der Islamische Staat (IS) ist ewig und wird expandieren, dann ist das weder poetisch noch eine Propagandaphrase". Er sagt, die Organisation plane in Saudi Arabien, Ägypten, Libyen und Tunesien seine Stärke wiederzulerlangen und fügte an, dass "der IS überall auf der Welt über Schläferzellen verfügt und deren Zahl steigt".

In seinem Bericht über sein Leben beim IS stellt Faraj offen klar, dass es der Führung bereits bei der Ausrufung des Kalifats nach der Übernahme von Mosul 2014 klar war, dass es militärisch überrannt werden könnte. Er verriet auch bislang unbekannte Details zur offenbar engen Kooperation zwischen dem IS und der Türkei und zum Grad, zu dem die nach Syrien geströmten ausländischen Kämpfer die örtliche Bevölkerung von ihrer Bewegung entfremdet haben, weil sie diese herumkommandiert haben und sich in ihr Leben einmischten.

Das Gespräch fand über WhatsApp von außerhalb von Syrien statt und gefragt warum er seinen echten Namen nicht verrät sagt Faraj, dass als er das erste Mal "von meinen Emiren (Kommandeuren) hörte, dass der IS auch dann gewinnen würde, wenn er militärisch im Irak und in Syrien geschlagen würde, da dachte ich ich erst, sie würden nur versuchen uns anzuspornen und aufzumuntern im Versuch die Niederlagen zu verbergen." Dann aber fand er heraus, dass die IS Anführer von Anfang an praktische Maßnahmen ergriffen und an anderen Orten in der Welt Rückzugsorte aufbauten. Ein libyscher Kommandeur sagte ihm vor über einem Jahr, dass er nach Libyen zurückgehen würde "um einen bestimmten Auftrag auszuführen und dann bin ich wieder zurück."

Es ist bedeutend, dass bereits im August 2015, als der IS sich bereits nach der Eroberung von Ramadi im Irak und im Palmyra in Syrien, als er sich am Maximum seiner territorialen Ausdehnung befand, auf eine Niederlage vorbereitete. Faraj sagt, die Weltmächte würden ihre Widerstandsfähigkeit unterschätzen, weil sie die Attraktivität des IS und seiner Ideologie nicht verstehen, die sie auf jene ausübt, die mit dem Status quo unzufrieden sind. Er sagt: "Wie meine Kommandeure und Kameraden kämpfe auch ich wegen der Tyrannei und Ungerechtigkeit, die mir davor widerfahren ist."

Faraj kommt ursprünglich aus einem sunnitisch arabischen Dorf zwischen den Städten Hasaka und Qomishli im hauptsächlich kurdischen Nordosten Syriens. Er verfügt über eine bessere Bildung als die meisten IS Mitglieder und hat einen Abschluss von der Bildungsfakultät der Universität in Hasaka. Er schloss sich gemeinsam mit seiner Großfamilie 2012 Jabhat al-Nusra an. Bislang bekannt als der syrische Ableger von Al-Kaida hat Jabhat al-Nusra kürzlich bekanntgegeben, dass sie ihre Verbindungen zu Al-Kaida trennten und sich umbenannt haben in Jabhat Fatah al-Sham. Als IS Kämpfer in Farajs Dorf kamen und den jungen Männern anboten zu fliehen oder sich ihnen anzuschließen, haben sie den IS gewählt.

Sein Augenzeugenbericht der Entwicklungen innerhalb des IS und insbesondere dessen Beziehungen zur Türkei sind bezeichnend, da dieser nicht von einem enttäuschten ehemaligen IS Mitglied kommen, der sich von seiner Vergangenheit lossagen möchte. Er sagt zwar, er sei nicht mehr länger ein Kämpfer, nachdem es eine nicht näher erklärte Unstimmigkeit mit dem IS gab, aber "ich bin noch immer ein IS Unterstützer, weil ich fest an die Weisheit seines Existenzzwecks glaube." Interessanterweise hält er den IS nicht so sehr für attraktiv, weil er eine extreme religiöse Ideologie vertritt, sondern weil er ein effektives und gut organisiertes Protestvehikel ist. Er sagt: "Der IS ist die beste Lösung um die Fehler der autoritären Regimes in der Region zu beseitigen."

Als er über die türkische Militärintervention in Syrien spricht, die am 24. August begann hilf Faraj bei der Erklärung einiger seltsamer Entwicklungen, die in der Zeit vor sich gingen. Als türkische Panzer und syrische IS-feindliche Einheiten in die Grenzstadt Jarablus am Eurphrat einmarschierten schien der IS bereits zu wissen, dass sie kommen und leisteten keinen Widerstand. Das stand im scharfen Kontrast zum erbitterten Widerstand durch IS Kämpfer, als sie die von ihnen etwas weiter südlich gehaltene Ortschaft Manij gegen einen Angriff der syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) verteidigten, die ihre Stärke allem von der Kurdischen YPG bezieht. Der IS hat durch die Bodenkämpfe und das Luftbombardement der USA damals vermutlich an die 1.000 Mann verloren.

Es wurde berichtet, dass sich die IS Kämpfer nach dem türkischen Einmarsch aus Jarablus in Richtung ihrer anderen Hochburg im Gebiet um al-Bab zurückzogen, allerdings hat Faraj eine andere Erklärung. Er sagt: "Als die türkische Armee in Jarablus einmarschierte sprach ich mit meinen Freunden vor Ort. Tatsächlich verließ der IS Jarablus nicht; sie haben sich blos ihre Bärte abrasiert."

Er stellte einige fesselnde Behauptungen über den Grad der Komplizenschaft zwischen dem IS und der Türkei in Bezug auf die Verteidigung von Tal Abyad ein Jahr davor auf, einem anderen vom IS gehaltenen Kreuzungspunkt zwischen der Türkei und Syrien, bei dem es sich um eine besonders wichtige Nachschubroute für den IS handelt, da er 90 Kilometer nördlich der in Syrien liegenden IS Hauptstadt Rakka liegt.

Im Sommer 2015 rückten YPG Einheiten von Osten und Westen mit Hilfe starker US Luftunterstützung in einer Zangenbewegung in Richtung Tal Abyad vor, wodurch es für den IS schwer wurde den Ort zu verteidigen. Faraj war Teil der 150 Mann starken IS Truppe, welche den YPG Angriff abwehrte. "Die Türkei unterstützte den IS ziemlich stark," erinnert er sich. "Als ich im Mai 2015 in Tal Abyad war erhielten wir von den Grenzwachen ohne Probleme eine Menge Waffen und Munition." Dieser Vorwurf wurde von den Kurden schon lange vorgebracht, allerdings ist es das erste Mal, dass die türkische Komplizenschaft mit dem IS bei diesem Kampf von einem teilnehmenden IS Kämpfer bestätigt wurde.

Türkische Regierungsvertreter haben diesen Vorwürfen zur Komplizenschaft mit dem IS wiederholt widersprochen, oder dass Waffen von der Türkei aus in den Händen der Organisation landeten. Weiter beim zweiten Teil.


Im Original: ISIS Fighter Reveals Group’s Plan If Defeated in Syria

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